Jeg har et teppe i tusen farger

Anne B. Radge – Jeg har et teppe i tusen farger

Originaltitel: Jeg har et teppe i tusen farger

Meine Bewertung: 7/10

Dieses Buch (das noch nicht auf Deutsch erhältlich ist*) der Autorin ist etwas atypisch. Nicht etwa weil sie darin über ihr Leben, über ihre Mutter spricht, sondern weil es sich hier nicht um einen „Roman“ oder auch in direktem Sinne um eine „Romanform“ handelt sondern eher um eine Art Erinnerungs-Sammlung. Ich habe dieses Buch daher auch nicht nur in die Rubrik „Allgemeine Literatur „sondern auch in die der „Biografien“ eingeteilt.

Ich war durch diesen etwas anderen Aufbau zunächst etwas aus der Bahn geworfen und hatte Schwierigkeiten in die „Geschichte“ hineinzukommen, ich wollte das Buch sogar schon beiseite legen, aber da ich die Autorin mit ihrem norwegischen Stil wirklich gerne lese habe ich eben weitergelesen. Was die richtige Entscheidung war.

 

Der Plot:

Nun, ich denke, der Ausdruckt „Plot“ ist hier etwas übertrieben. Anne B. Radge hat ihre Mutter verloren. Sie ist nicht mehr da. Die Leere die sie hinterlässt ist ein tiefer Brunnen, an den Anne (ich werde sie nur bei dem Vornamen nennen, wie sie es selbst in diesem Buch tut) immer wieder erinnert wird, wenn sie zum Beispiel etwas Erstaunliches sieht und ihr erster Reflex ist, ihre Mutter anzurufen….. um sich dann daran zu erinnern, dass diese nicht mehr da ist. 

Das ist dann die Gelegenheit sich an die letzten Monate zu erinnern. Und dann brechen die Erinnerungen aus der Kindheit wie auch die aus dem späteren Leben über sie ein um ineinander zu verschwimmen und schließlich ein farbiges, lebendiges Bild von der Mutter zu bilden. Diese ist uns zunächst fremd, doch langsam kommt sie uns näher, wir verstehen sie, wir verstehen ihre Härte, wir bewundern ihre Tapferkeit, wir staunen über ihre unglaubliche Kultur. Eine Frau, die ein diskretes Leben lebte, eine Existenz voller Arbeit, aber die dennoch einen riesigen Platz eingenommen hat ohne es selbst zu merken.

Ein ausgefülltes und kostbares Leben, das dann jämmerlich endet, was die Autorin mit einem unterdrückten Zorn zurücklässt den sie zwar nie klar formuliert, der aber in jeder Zeile zu spüren ist.

 

Meine Meinung:

Wie ich schon sagte, haben mich die ersten Kapitel etwas im Zweifel gelassen. Ich wusste nicht, was ich denken sollte, man sprach von Birte, Annes Mutter, die in ihren letzten Wochen und Monaten unter einer schrecklichen Krankheit litt und in angenehmen wie auch schrecklichen und unmenschlichen Krankenhäusern verweilte, trotz aller Bemühungen ihrer Töchter Anne und Elin.

Zunächst störte es mich, an den Diskussionen zwischen Anne und ihrer Mutter teilzunehmen. Letztere freute sich darüber, dass ihre Tochter ein Buch über sie schreiben wollte, ein Buch das allerdings nicht zu beginnen schien. Ich hatte nämlich zunächst nicht begriffen dass ich schon mitten drin war, in dem Leben der Birte.

Was faszinierend ist, wenn man weiterliest, das ist eben diese Art und Weise, auf die wir diese kennenlernen.

Es ist ein bisschen wie im richtigen Leben: Wir lernen jemanden kennen und gewinnen einen ersten Eindruck. Wenn wir dann länger mit dieser Person sprechen werden wir unsere Einstellung verändern, einen zweiten Eindruck gewinnen, wir erhaschen einen Einblick in ihr Leben und kommen ihr näher. Dann schließlich, wenn eine Freundschaft sich bildet, dann entdecken wir das Innere der Person.

Das ist ein wenig, was hier passiert.

Als wir Birte kennenlernen, liegt sie im Sterben, sie scheint nicht besonders sympathisch und wir erfahren wie hart und autoritär sie mit ihren Kindern war.

Doch dieser schwierigen und nicht immer schönen Erinnerungen, die eher mit einer negativen Aura umzogen sind, mischen sich dann mit sanfteren, wir erinnern uns an prägende Momente, und schließlich kommen noch weitere Dinge aus der Vergangenheit hinzu durch die wir schließlich verstehen wie hart Birtes Leben war, wie heldenhaft diese so zurückhaltende Frau war, die sich alleine, ohne Geld, um ihre beiden kleinen Töchter kümmert.

Sie hat nicht nur alles so gut gemacht wie es ging, sie hat es geschafft aus ihren Kindern unabhängige und glückliche Frauen zu machen, und das trotz all der Fehler die sie selbst zugibt, angefangen mit den Ohrfeigen die sie oftmals verteilte.

Am Ende des Buches war ich tief berührt, ich kannte sie nun besser, stand ihr nahe. Ich habe auch erkannt, warum die Autorin nicht den leichteren Weg gewählt hatte, den nämlich das Leben ihrer Mutter in seiner Reihenfolge zu erzählen, sondern sich für diese eigenartige Weise entschieden hat, in der man den Eindruck hat alle Erinnerungen an die Mutter lägen in einer Schachtel aus der die Autorin auf gut Glück eine nach der anderen zöge, ohne offensichtliche Reihenfolge; und doch sieht man dann dass es hier einen überdachten Weg gibt. Von Außen nach Innen, und dann hin zum Herzen.

Das Bild das uns bleibt ist sehr prägend.

Dieses Buch wurde noch nicht ins Deutsche übertragen. Ich bin auf den deutschen Titel gespannt.*

Der Originaltitel würde sich in etwa mit „Ich habe eine Decke in tausend Farben“ übersetzen, und dieser Titel ist sehr treffend. Man entdeckt seine Bedeutung beim Lesen des Buches und wie immer ist dieser Moment fast magisch, dieser Moment in dem man versteht warum der Autor gerade diesen Titel gewählt hat.

 

* Sollten diese Informationen nicht mehr aktuell sein, wäre es nett wenn Sie mir eine kurze Nachricht senden könnten damit ich den Beitrag auf den neuesten Stand bringen kann. Danke!

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