Fabienne Jacobs – Corps

Originaltitel: Corps

Meine Bewertung: 2/10

Es tut mir schon weh, diesem so vielversprechenden Buch eine so niedrige Bewertung zu geben. „Corps“ (wörtlich „Körper“) wurde als ein Werk angepriesen, welches Monika in Szene setzt: Monika arbeitet in einem Schönheitsinstitut und erhält, im Rahmen ihrer Arbeit so manchen Einblick in die Intimität ihrer Kundinnen, welche ihr so manch persönliches Geheimnis anvertrauen.

Was für eine gute Ausgangsidee!! Ich habe also erwartet mit der Haut der Kundinnen aber auch mit deren intimsten Gedanken in Verbindung zu treten.

Doch nein. Das ist absolut nicht der Fall.

Doch „Corps“ hat seine Versprechen so richtig … gar nicht gehalten hat.

Statt Monika in ihrer Beziehung zu ihren Kundinnen zu folgen, werden wir mit oberflächlichen Geschichten zugeschüttet die uns ohne jede Finesse und ohne jeden Leitfaden zugeworfen werden – und das obwohl das Schönheitsinstitut ja eine fantastische Verbindung zwischen den Geschichten hätte darstellen können.  

Ich hatte erwartet, dass Monika sich mit ihren Kundinnen beschäftigt und vieles über sie erfährt, dass diese ihr ihre persönlichen Gedanken und Erinnerungen anvertrauen. Aber das ist nicht der Fall.

Die paar kurzen Geschichtchen die wir in diesem Buch finden sind ohne jede Fantasie und vor allem ohne jede Tiefe.

Zu keinem Moment dringen wir wirklich in die Intimität der Kundinnen vor.

Wenn Sie erwarten, beim Lesen das Gefühl zu haben die Haut oder gar die kleinen Speckfalten der Kundinnen unter ihren Fingern zu spüren während diese von sich erzählen, dann muss ich sie enttäuschen.

Ein Beispiel: Eine Kundin erinnert sich an den Krieg. Sie war damals in einen deutschen Soldaten verliebt, Horst …. So. Das war es. Mehr hört man dann nicht. Nur dass man ihr zu Kriegsende öffentlich den Kopf rasierte – nein, wir erfahren nicht wie es weiterging oder wie diese Liebelei mit Horst überhaupt ausging. Das ist alles, mehr nicht.

Und das ist gerade die beste „Geschichte“ des ganzen Buches gewesen – kurz angesprochen aber gleich wieder aufgegeben.

Es ist Monika, die wir am besten kennenlernen. Sie liefert uns ein paar Kindheitserinnerungen, wie sie, gemeinsam mit ihrer älteren Schwester, versuchte das Geheimnis zu lüften: „was passiert im Zimmer unserer Eltern“. Ohne großes Interesse und wieder einmal bleiben wir auch hier an der Oberfläche.

Es ist wirklich schade, dass Fabienne Jacob nicht wirklich ihrer eigenen Einfällen auf den Grund gegangen ist. Warum nicht ein wenig graben, den Körpern, den Gerüchen, den persönlichen Dingen mehr Tiefe verleihen und damit auch Monika selbst?

Ich weiß nicht, ich könnte mir zum Beispiel vorstellen dass Monika einer Metzgerin die Fingernägel säubert und dass man hier die kalten und schüchternen Finger unter der festen, warmen Hand von Monika spürt während die Kundin kleine Erinnerungsstückchen liefert. Irgendetwas.

Alles bleibt so unpersönlich. So fantasielos.

Was den Schreibstil angeht, nun, er ist hohl und simpel, alles dreht sich im Kreis. Und die Kommata-Setzung ist rein zufällig. Teilweise fehlen sie vollkommen. Ja, das könnte natürlich auch ein Stil sein, wenn dann nicht im nächsten Paragraphen viel zu viele wären. Sind sie einfach verrutscht?

Ich würde sogar noch weiter gehen: Dies ist so ziemlich das erste Mal, dass es mir nicht gelungen ist, ein Bild vor meinem inneren Auge zu projizieren.

Der Autor beschreibt – und ich sehe nichts.

Ich denke ganz einfach, dass Fabienne Jacob und ich nicht dieselbe Auffassung der Dinge die uns umgeben haben. Das gibt es eben.

 

*Fait divers : Meldung in Zeitungen oder Zeitschriften zu meist erschütternden oder auch erheiternden Ereignissen

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