Pierre Lemaitre – Ich will dich sterben sehen

Originaltitel: Alex

Meine Bewertung: 8/10

Mir hat der Schreibstil des Autoren nicht gefallen, seine kurzen, fast abgehackten Sätze sind nicht mein Ding, auch seine Romanfiguren, die sehr oberflächlich und sogar oftmals karikaturenhaft sind, waren nichts für mich – und dennoch… was für ein guter Roman!!!

Die Spannung, ja die hat der Autor fest im Griff!

Denn „Ich will dich sterben sehen“ ist ein mehr als gelungener Thriller.

Der Plot baut sich in drei Teilen auf, und am Ende eines jeden Teils sagt man sich ‚so, das war es jetzt, was kann der Autor jetzt noch erfinden um die Spannung aufrecht zu erhalten?’ – und jedesmal schafft er es dennoch.

 

Der Plot:

Wie Sie es sich leicht denken können, wenn Sie den Originaltitel lesen, dreht die Handlung sich um Alex.

Alex, eine junge Frau um die Dreißig, wird entführt, gedemütigt, gefangen gehalten und gefoltert.

In dieser Gefangenschaft muss sie einem sicheren Tod entgegensehen, denn dies versichert ihr der Entführer mit einer beunruhigenden Klarheit.    

Die Entführung selbst wurde beobachtet und die Polizei fahndet, sie ist auf der Suche nach der verschollenen Unbekannten. Der Fall wird dem Kommandanten Camille Verhoeven anvertraut, der von Louis und Armand unterstützt wird und unter dem Befehl von Le Guen steht (dieses Team kann dem Leser durch das erste Buch des Autoren – „Travail soigné“ – schon bekannt sein, auch wenn dieses noch nicht ins Deutsche übertragen wurde; es ist auch absolut nicht nötig es gelesen zu haben um „Ich will dich sterben sehen“ zu genießen, denn alle Romanfiguren werden vorgestellt – ob man nun diese Präsentation gut findet oder nicht)

Doch wie sehr sie sich auch bemühen, die Polizisten hinken den Ereignissen immer hinterher und müssen der Piste der Entdeckungen folgen. Selbst die Identität von Alex entgeht ihnen völlig, sie wissen nicht in welche Richtung sie ihre Untersuchungen lenken sollen und kommen beinahe nur durch Zufall voran…

Auf diese Weise entdecken sie auch den Ort der Gefangenschaft: Doch als sie endlich auf diesem Tatort eintreffen, finden sie ihn leer vor. Alex ist verschwunden!

Wo ist sie? Was muss man nun erwarten?

Dies ist also der Beginn des Romans. Ich gehe in meiner Zusammenfassung nicht weiter, aber wir sind noch ein ganzes Stück vom Ziel entfernt!

 

Wirklich spannend

Dieses Buch ist voller Handlungswendungen, die Entwicklung der Geschichte ist sehr gelungen, der Autor führt uns auf Wege, an die wir niemals gedacht hätten.

Denn Alex ist nicht einfach diese verängstigte Frau, der wir im ersten Kapitel begegnen – oh nein, sie ist sehr viel vielseitiger!

Ich möchte hier allerdings vorwarnen – dies ist nichts für schwache Nerven! Schon nach der Lektüre der Zusammenfassung des Verlegers können Sie sich denken, dass dies kein „leichtes“ Buch ist, und das kann ich nur bestätigen. Manche Aspekte der Handlung sind doch recht hart.

Aber kommen wir zu dem zurück, was ich zu Beginn meines Beitrags sagte: Wenn mir also dieser Roman wirklich gefallen hat, so kann ich nicht dasselbe von Pierre Lemaitres Schreibstil behaupten. Kurze Sätze, Standard-Beschreibungen keine wirkliche Originalität. Eine ebenerdige Schrift sogar. Aber hier darf man nicht vergessen, dass dies nun meine subjektive Meinung ist.

Die Romanfiguren haben mich nicht mehr überzeugt, sie sind alle, ausnahmelos, öde und dennoch karikaturenhaft, denn ja, das ist möglich: Camille mit seiner kleinen Grösse (1,45 m), seine schwierige Vergangenheit, sein schlechter Charakter, Louis, ein wohlhabender, vornehmer Mann der dennoch bei der Kriminalpolizei arbeitet, immer in Gucci gekleidet, natürlich, oder auch Armand, der Geizkragen, dessen Knauserei beinahe lächerlich wird, der eingebildete Richter…. Ja sogar die „Statisten“, die zweitrangigen Romanfiguren werden hier nicht ausgespart, auch sie gehören alle einer Extremgruppe an. Sind denn alle Männer oder Frauen grenzwertig pervers, unterwürfig, egozentrisch…. ? Ich glaube nicht. Aber in diesem Roman werden Sie vergeblich nach einem Charakter suchen der auch nur halbwegs ausgeglichen ist.

Nur Alex schneidet hier erstaunliche gut ab, vielleicht weil wir sie nach und nach kennenlernen?

Und dennoch, wenn ich mit der Feder nicht warmwerden kann, wenn ich auch den Eindruck habe, dass die Romanfiguren alle direkt aus einem Derrick stammen, so   kann ich nicht umhin und das wirkliche literarische Talent des Autoren hier bewundern: In dem Aufbau einer wirklichen Spannung und einer geschickt eingefädelten Handlung.

Das Ziel des Buches wird erreicht: Sie öffnen es und können es nicht wieder schließen, ehe Sie nicht auf der letzten Seite angekommen sind.

 

Ein kleiner Pluspunkt: Das französische Cover war sehr gelungen (siehe Illustrations-Bild, Verlag Albin Michel).

 

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