Claude Rizzo – Le sentier des Aubépines

Originaltitel: Le Sentier des Aubépines

Meine Bewertung: 7/10

Der Titel dieses Buches, welches nicht auf Deutsch erhältlich ist, könnte wörtlich mit « der Weißdorn-Pfad » übersetzt werden. 

Ein rasch gekaufter Roman, der mich angenehm überrascht hat – wie das bei diesen unbedachten Käufen oft der Fall ist. Sind denn nicht oftmals die besten Bücher diejenigen, die wir durch Zufall am Bahnhof, am Flughafen, auf einer Reise gekauft haben?

Der Plot:

Le Sentier des Aubépines“ versetzt und in ein winziges und abgelegenes Dörfchen, weit oben im Mercantour-Massiv. Hier lebt Rosine Cini und hier hat sie immer gelebt.

Ihre gesamte Existenz wurde auf Tränen erbaut. Als junges Mädchen hat sie ihre erste und große Liebe kurz vor der Hochzeit verloren, als sie gerade schwanger war, woraufhin sie einen Kindheitsfreund geheiratet hat, welcher ebenfalls früh an einer Krankheit verstorben ist und sie erneut als geldlose Witwe mit ihrer kleinen Tochter Antonia hinterließ. Sie hat schließlich Giovanni, ihren dritten Ehemann kennengelernt, einen Italienischen Schäfer, aber auch dieser verlor das Leben auf dramatische Weise, denn er wurde erschossen.

Als sei dies alles nicht genug  hat Antonia im Alter von sechzehn Jahren ihre Mutter und das Dorf ohne jede Erklärung verlassen und geschworen, niemals zurückzukehren, was Rosine Cini endgültig das Herz brach.

Die einzige Freude in Rosines Leben ist Adrien, ein kleiner Junge den Antonia gebar aber den sie ihrer Mutter überlassen hat. Um dem Jungen eine bessere Zukunft zu ermöglichen, behauptet sie, es sei ihr eigener Sohn.

 

Meine Meinung:

Der Stil des Romans, simpel und doch tiefgreifend, passt sich bestens der Handlung selbst an und so fesselt das Gesamtwerk, welches dieses von Dramen zerrüttete Leben beschreibt, den Leser.  

Die Atmosphäre wird so geschickt beschrieben, dass man den Eindruck hat, vor seinem inneren Auge das Dorf zu erblicken, in dem Rosine lebt, umgeben von den Gipfeln des Mercantour. Wir besuchen auch andere Orte dieser Mittelmeergegend (wie z.B. Nizza), ja selbst die Nachnamen der Romanfiguren erscheinen uns bekannt – zumindest denjenigen, die die Gegend um Nizza herum kennen – was zum Ergebnis hat, dass diese Geschichte noch authentischer und tragischer wirkt.

Kurz, wenn man „Le Sentier des Aubépines“ liest wird man in das Leben der kleinen, sterbenden Gemeinde versetzt, welche von der jüngeren Generation verlassen wird und nur noch durch seine Boule-spielenden Einwohner überlebt, die abends einen Aperitif in der einzigen Dorfbar schlürfen wahrend sie über die neuesten Gerüchte klatschen.

Dieser Roman ist ein süß-saures Buch, ein Buch voller Bedauern, Verluste, enttäuschte Hoffnungen, verlorene Lieben. Ich habe „Le Sentier des Aubépines“ in zwei Tagen gelesen, denn das traurige Leben der Rosine hat mich vollkommen vereinnahmt, ich wollte weiterlesen, ich wollte wissen wann sie endlich mit den schrecklichen Ereignissen konfrontiert würde, die ihre Tochter vertrieben haben, ich wollte wissen ob und wie sie sich wieder fangen und ihr Leben in den Griff bekommen würde.

Ich habe aber natürlich, wie immer, einige Punkte an denen ich etwas auszusetzen habe, auch wenn es nicht viele sind.

Es wäre schon besser gewesen, wenn das „Geheimnis“ Antonias nicht so leicht zu erraten gewesen wäre, denn man kann es sich schon denken wenn man die Zusammenfassung auf dem Buchrücken liest. Nicht zu wissen, warum sie das Dorf verlassen hat, hätte mir dasselbe Gefühl des Unverständnisses verliehen welches Rosine sicher aufgrund der Kälte ihrer Tochter ihr gegenüber empfindet. Das wäre schon ein kleines Sahnehäubchen gewesen.

Dann ist da noch etwas ganz anderes: Es stimmt schon, dass alle Bücher mehr oder weniger Tipp- Grammatik- Unaufmerksamkeits- oder Schreibfehler beinhalten, da habe ich bis jetzt eigentlich noch keine Ausnahme gelesen und denke, dass das unvermeidbar ist (wie auch hier, in meinen Artikeln). Die normalerweise von dem Verlag durchgeführte Korrektur kann nicht alle Ungeschicklichkeiten oder Fehler finden und verbessern. Aber in „Le Sentier des Aubépines“ (ich habe die Ausgabe von dem Verlag Lucien Souny gelesen) kann man nun wirklich zu viele Fehler finden, so dass man sie nicht einmal von einem Kapitel zum anderen vergessen kann, wie das allgemein der Fall ist. Ich wollte das erst nicht erwähnen, denn das ändert ja nichts an der generellen Qualität des Romans, doch dann stieß ich auch den Satz „elle s’accordait une pose * “ und habe mir gesagt, „nein, wirklich, das reicht, ich muss das wenigstens erwähnen, das ist jetzt zu viel“.

Dieser Roman bleibt eine leichte Lektüre auch wenn er einen berührt (wir sind weit von einem Roman wie dem großen Klassiker „Rebecca“ entfernt, dessen Schreibstil alleine einen schon so sehr beunruhigt dass wir den Eindruck haben den Geist von Madame de Winter in Manderley herumwandern zu sehen. Aber das ist wohl auch nicht seine Absicht.).

Wie dem auch sei, „Le Sentier des Aubépines“ ist ein lesenswertes Buch, besonders wenn man tragische Geschichten mag. Ich kann nur zu diesem Roman raten, der Schreibstil ist leicht und der Umgebungswechsel kann einen Stadtmenschen verwirren (natürlich ist ein Leser der selbst in einem kleinen Dorf lebt sehr viel weniger desorientiert).

Wenn Sie eine schwache Tränendrüse haben, könnten Sie sogar ein Taschentuch benötigen

 

* Dort sollte stehen : « elle s’accordait une pause »

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