Eden Lit

Marie Neuser – Prendre Lily

Originaltitel: Prendre Lily (noch nicht auf Deutsch erhältlich)

Meine Bewertung: 8/10

Als ich begann, diesen Roman zu lesen haben mich die ersten Seiten nachdenklich gestimmt. Der Stil war recht maskulin (was sich dann als unglaublich passend und positiv auffallend herausstellen sollte), dann war da die Tatsache, dass ein in Frankreich und auf Französisch geschriebenes Buch sich in England und Italien abspielt, mit den dazugehörigen landeseigenen Verfahren (was daran liegt, dass der Roman auf einer wahren Begebenheit beruht der sich in diesen beiden Ländern ereignet hat), oder auch die englischen Sätze die manch ein Kapitel einleiten… all dies hat mich schon das Schlimmste befürchten lassen.

Eine Befürchtung, die schnell von den ersten Kapiteln über Bord geworfen wurde.

Es handelt sich hier um einen exzellenten Kriminalroman einer etwas anderen Art vielleicht, aber auf seine eigene Weise spannend!

Hier suchen wir nicht von Anfang bis Ende nach dem Mörder, nein, wir verfolgen die Polizisten, und besonders den Detektiv Gordon McLiam aus dessen Gesichtspunkt der Roman geschrieben ist, welche sich darum bemühen, den Hauptverdächtigen eines Mordfalls vor Gericht zu bringen…

 

Der Plot:

Am 12. Oktober 2002 wird Officer Gordon McLiam mit seinem Team zu einem Mordfall gerufen der die kleine Stadt B. erschüttert: Lily Hewitt, eine Mutter von zwei Kindern, Ende vierzig, wird von ihren 11 und 14-Jahre alten Töchtern tot in der Badewanne aufgefunden. Sie wurde auf brutale Weise ermordet und entstellt. Ein Bild des Grauens, welches Gordon McLiam sicher niemals vergessen wird, und ihre Töchter sicher noch weniger.  

Die Ermittlungen beginnen sofort mit den üblichen Verdächtigen, dem Ex-Mann und Vater der Mädchen, der direkten Umgebung und der Nachbarschaft. Schon bald fällt der Verdacht auf einen der Nachbarn, Damiano Solivo, der zwei Tage zuvor einen Streit mit dem Opfer wie auch die Gelegenheit hatte diesen schrecklichen Mord zu begehen…. Doch er hat ein solides Alibi. Dennoch erscheint er immer suspekter, denn je weiter die Ermittlungen fortschreiten, desto mehr tritt seine gestörte Persönlichkeit in den Vordergrund und es stellt sich auch heraus, dass Damiano Solvo schon einmal in einem Kriminalfall der Hauptverdächtige war, es ging damals um das Verschwinden eines jungen Mädchens in Italien, doch auch hier wurde er freigesprochen da er ein Alibi hatte.

Die Polizisten suchen wochenlang, monatelang, sie sammeln Beweise und Indizien, lassen den Verdächtigen der der einzige mögliche Schuldige zu sein scheint vorladen, ermitteln weiter und schlagen sich mit den Verfahrensverordnungen herum. Doch er gleitet ihnen immer wieder durch die Finger. Aus den Wochen werden Monate, aus den Monaten Jahre…

Werden sie es schaffen, den Schuldigen vor Gericht zu stellen?

 

Meine Meinung:

Ich habe meiner kurzen Einleitung nur wenig hinzuzufügen.

Es handelt sich hier um einen leicht anderen Kriminalroman, der uns vollständig in die Haut der Polizisten versetzt, wir werden durch die Verfahrensregeln behindert, wie auch durch die Fristen die die Labore tatsächlich für ihre Untersuchungen benötigen, vergessene Dinge, Gesetze und Gebote.

Dieser Roman ist besonders realistisch und wir rutschen immer weiter mit der zentralen Figur, Gordon McLiam, in einen Abgrund hinab, denn für ihn wird dieser Fall zum Lebensinhalt, er baut sich um ihn herum auf und zerfällt mit ihm, er kann sich nicht von dem Bild der Lily Hewitt in ihrer Badewanne lösen.

Der Stil, der mich zunächst beunruhigte, passt perfekt zu dieser Erzählung und steuert der Glaubhaftigkeit bei, auch die Tatsache, dass sich dies alles in zwei fremden Ländern abspielt und auf den dortigen Verfahrensweisen beruht stört schließlich nicht im geringsten, ganz im Gegenteil. Zudem ist das ja nur logisch, da dieser Roman sich eng von wahrhaftigen Kriminalfällen aus den Jahren 1993 und 2011 inspiriert, die damals England und Italien erbeben ließen*…

Das einzige Problem dieses Romans ist, dass einige Fragen keine Antwort erhalten werden, was den Leser etwas frustriert hinterlässt. Doch da es sich eben um einen Roman handelt der auf wahren Begebenheiten beruht kann man das leichter akzeptieren. Auch wenn es für den Leser eines Romans nicht einfach ist.

„Prendre Lily“ ist der erste Teil eines Diptychons – und ich bin nun doch sehr gespannt auf den zweiten Teil dieser Angelegenheit!

 

* Natürlich habe ich recherchiert! Dieser Roman beruht auf dem Fall Danilo Restivo, und damit dem Verschwinden von Elisa Claps im Jahr 1993 in einer Kirche, direkt nach dem Ende der Messe wie auch dem Mordfall an Heather Barnett im Jahr 2002 in Bournemouth (der Stadt B.)

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