Michael Connelly – Götter der Schuld

Originaltitel: The Gods of Guilt

Meine Bewertung: 7/10

Dies ist der fünfte Prozess des Anwalts mit der Lincoln*.

Selbst wenn Harry Bosch bei weitem die bekannteste (und wohl auch beliebteste) Romanfigur des Autoren ist, so muss ich zugeben, dass ich persönlich immer Mickey Haller bevorzugt habe, diesen Anwalt der mit Ethik und Moral spielt, der die Worte manipuliert und mit den Prozessverfahrensregeln schäkert.

Ich finde ihn einfach toll!

Jeder Fall ist neu, aber wird immer nach demselben Prinzip aufgebaut und auch „Die Götter der Schuld“ ist da keine Ausnahme.

Zunächst übernimmt Mickey Haller ein neues Mandat, dann lernen wir nach und nach die Protagonisten kennen und beginnen damit unsere eigenen Hypothesen aufzustellen bevor wir dem Anwalt dann in die Vorbereitungsphase des Prozesses hinein folgen, die meistens recht kompliziert ist, sei es aufgrund von Bedrohungen die gegen ihn selbst oder seinen Klienten ausgesprochen werden oder auch durch Schwierigkeiten, die nötigen Beweise ausfindig zu machen. Und es ist erst im Laufe des Verfahrens selbst, der wirklichen Konfrontation, in der uns langsam von dem Autor die ausschlaggebenden Elemente zugespielt werden.

Die Spannung wird jedes Mal systematisch aufgebaut, und es kommt auch systematisch zu überraschenden Enthüllungen.

Ein paar Worte zum Plot:

Mickey Haller, den wir hier mitten in einem Prozess antreffen, als er soeben eine alte Anwaltsfinte vor Gericht benutzt, die sich an der äußersten Grenze der Ethik befindet und die einfach unmoralisch ist, ist nicht mehr der einzige „Anwalt mit der Lincoln“: Seit ein Film über einen seiner alten Fälle gedreht wurde haben viele Anwälte dieses Transportmittel gewählt um ihre Arbeit nun auf dieselbe Weise wie er von ihrem Auto aus auszuüben, um „hip“ zu sein.

Das ist eher witzig, eine kleine, erfrischende Anspielung.

Und dann stoßen wir auf das Verfahren, welches das Herz des Romans sein wird. Mickey Haller soll La Cosse verteidigen, einen Mann der angeblich eine Prostituierte namens Giselle Dallinger ermordet hätte. Es stellt sich schnell heraus, dass das Opfer niemand anders als Gloria Dayton ist, eine alte Bekannte, die Klientin, die Mickey verteidigt hat und die er weit weg glaubte. Und doch war sie noch immer hier, in dieser Stadt, während sie ihn glauben ließ dass sie weggezogen sei um ihr Leben zu ändern…

Ein erster Schock, ein erstes Rätsel für den Anwalt. Warum hat sie nie mehr Kontakt zu ihm aufgenommen? Warum hat sie in angelogen? Und nun ist ihr Tod. Warum, und wer?

Das ist noch nicht alles… es ist Gloria selbst die La Cosse, ihrem angeblichen Mörder, Mickeys Adresse gegeben hat und ihm geraten hat sich an diesen zu wenden sollte es ein Problem geben.

Mickey Haller steht hier natürlich vor einem Dilemma… wie kann er jemanden verteidigen, der angeklagt wird eine ehemalige Mandantin ermordet zu haben, zudem noch eine Mandantin deren Schicksal ihm am Herzen lag und von der es sich herausstellt dass sie ihn wohl scheinbar die ganze Zeit über zum Narren gehalten hat? Aber er nimmt das Mandat an, fest davon überzeugt, dass La Cosse nicht der Mörder ist.

Der einzige Weg diesen vor einer Verurteilung zu retten ist seine Unschuld zu beweisen.

Aber als er nun beginnt, an dieser Mordsache zu kratzen kommen Elemente aus der Vergangenheit zu Vorschein so dass kein Zweifel daran bleibt dass diese Angelegenheit sehr viel weiter geht als er dachte, und dass es nicht einfach sein wird La Cosse zu helfen.

 

Der Pluspunkt dieses fünften Romans um den Anwalt mit der Lincoln…

… das ist natürlich dass wir diesen en wenig persönlicher kennenlernen, wir beginnen seinen Gedankengang auch auf einer persönlichen Ebene zu verfolgen.

Wenn in den „Harry Bosch“ Romanen die zentrale Heldenfigur dunkel und verletzt ist und sein Charakter diese Romane durch seine Tiefe trägt, so sind die Mickey Haller Romane reine Gerichts-Romane, deren Grundlage aus Kriminalrecht besteht, deren Herz mit dem Verfahren schlägt. Der Romanheld erscheint beinahe „leichter“. Mit diesem fünften Roman gewinnenn wir einen kleinen Eindruck von Mickey Hallers Innenleben. Oh, nicht viel, nur ein wenig, aber ausreichend um dem Charakter ein wenig Leben, ein wenig Farbe zu geben. Es ist besonders die Beziehung zu seiner Tochter, die es uns ermöblihen wird den Anwalt unter einem anderen Aspekt zu sehen als dem des Juristen, es handelt sich auch um einen Mann, einen Ex-Mann, einem Vater dessen Tochter bei der Mutter lebt und ihn nicht mehr sehen möchte da sie sich seiner und seines Berufs wegen schämt. Aber der Kern und die Seele des Romans bleibt der Prozess, ein kleiner, gut vorbereiteter Höhepunkt.

Es ist auch nicht weiter überraschend in diesem Buch Harry Bosch zu begegnen, da der Autor es gerne sieht wenn sich seine Kult-Figuren begegnen, vielleicht auch damit man den jeweils anderen nicht vergisst?!

De folgende Roman, „The Crossing“, ist im Übrigen ein wirkliches „Cross-Over“, denn hier kommt Harry Bosch seinem Halbbruder Mickey Haller zur Hilfe…

Zusammengefasst kann ich nur sagen, dass dieser Roman meine Meinung nicht geändert hat.

Ich liebe die Michael Connelly-Bücher und besonders jene, die Michael Haller in Szene setzen- und ich freue mich schon auf das nächste Buch des Anwalts mit der Lincoln.

—-

 

Mickey Haller Romane :

  • Der Mandant – The Lincoln Lawyer
  • So wahr uns Gott helfe – The Brass Verdict (mit Harry Bosch)
  • Spur der toten Mädchen – The Reversal (mit Harry Bosch)
  • Der fünfte Zeuge – The Fifth Witness (Bosch erscheint auch hier kurz)
  • Götter der Schuld – Gods of Guilt
  • The Crossing (in einem « Harry Bosch » Buch)

* Der Originaltitel des ersten Buches ist „The Lincoln Lawyer“, was soviel bedeutet wie „Der Anwalt mit der Lincoln“.

 

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