Linwood Barclay: Ohne ein Wort

Originaltitel: “No time for Goodbye »

Bewertung: 5,5/10

Die Kritiken zu « Ohne ein Wort » (der erste Thriller Linwood Barclays) waren extrem positiv und so war ich dann wirklich enttäuscht aber auch wirklich überrascht.

Habe ich etwas verpasst? Ich glaube eigentlich nicht.

Ist es der Ruf des Autors, der die Rezensionen beeinflusst? Ich hoffe nicht!

Für mich ist dieses Buch nur knapp über dem Durchschnitt, und nur das Talent des Autors rettet es vor einem Desaster.

Der Plot schien dabei vielversprechend:

Die junge Cynthia Bigge, damals vierzehn Jahre alt, wacht eines Morgens auf – und ihre ganze Familie ist verschwunden, ihr Vater, ihre Mutter und auch ihr Bruder. Sie haben nichts mitgenommen, auch wenn beide Autos verschwunden sind, kein Brief wurde hiterlassen, nichts. Cynthia wird ein viertel Jahrhundert nichts mehr von ihnen hören.

Fünfundzwanzig Jahre später hat Cynthia Terry Archer geheiratet und mit ihm eine kleine Tochter gekriegt, Grace, welche nun acht Jahre alt ist.

Cynthia leidet noch immer genauso wie damals unter diesem Familiendrama und dem Geheimnis, das das Verschwinden ihrer Familie umgibt, aber sie hat es gelernt, mit ihren Unsicherheiten umzugehen.

Doch schleichend kriecht diese alte Geschichte wieder an die Oberfläche zurück und erschüttert Cynthia erneut. Sie fühlt sich beobachtet, sie erhält einen mysteriösen Anruf der ihr mitteilt, ihre Familie „habe ihr vergeben“, sie glaubt ihren verschollenen Bruder im Kaufhaus zu sehen … langsam tut sich der Abgrund wieder auf.

Diese Rückkehr ihrer Vergangenheit bringt ihre Familie in eine heikle Situation, welche sie zerbrechen kann; Terry fragt sich: Hatte seine Frau auf irgendeine Weise mit dem Verschwinden ihrer Familie zu tun? Erfindet sie gerade verdächtige Beobachtungen um auf sich aufmerksam zu machen? Werden sie alle tatsächlich überwacht und sind somit in Gefahr?

Langsam bedrängt diese alte Geschichte über Cynthias Familie ein und lässt sie nicht mehr los, und letztendlich scheint die Gefahr real zu werden, doch von wo kommt sie?

Also:

Eine Grundidee die einen Roman voller Spannung erwarten lässt: man rechnet mit einer geheimnisvolle Bedrohung die sich der Familie heimtückisch nähert und einem sicher überraschenden Ausgang. Insbesondere deshalb, da der Leser die Handlung durch die Augen Terrys verfolgt, Cynthias Ehemann, und damit der einzigen betroffene Person die gar nichts mit der Kindheit Cynthias zu tun hat.

Nun, ich muss es einfach sagen: Noch nie habe ich so schnell den Hintergrund eines Thrillers erraten und meinen Verdacht auf eine bestimmte Person gelenkt. Ich habe nur wenige Kapitel gebraucht.

Der Plot ist so unglaublich vorhersehbar dass man den ganzen Roman liest und dabei vor sich hinmurmelt „gleich geschieht irgendetwas Verblüffendes, das kann einfach nicht so einfach sein“. Und doch. Kann es!

Keinerlei Überraschungsmoment, kein Moment des Erstaunens, man deckt nur nach und nach die Details der Hintergrundgeschichte auf, die man sich schon so vorgestellt hatte.

Wie man sich leicht vorstellen kann, wird die Spannung dadurch stark beeinträchtigt.

So geht es auch den Romanfiguren: Wenn auch einige, wie zum Beispiel Terry, der Ehemann der an der geistigen Gesundheit seiner Frau zweifelt, sie aber dennoch unterstützt, recht gut beschrieben und sympathisch sind, so bleiben andere sehr oberflächlich und manche Ausführungen bieten einfach zu viel … ja an Einfachheit.

Ich war zunächst überrascht, dass ein Autor wie Linwood Barclay sich mit solch einer Durchschnittlichkeit zufrieden geben konnte, doch dann erinnerte ich mich, dies ist der erste Thriller des Autors.

Ich muss allerdings mein Erstaunen den so lobenden Kritiken diesem Roman gegenüber erneut ausdrücken.

Man muss allerdings ganz offen zugeben, dass „Ohne ein Wort“ (bereits) in diesem klaren und angenehmen Stil des Autors geschrieben wurde, und selbst wenn man schnell erkennt, welchen Weg die Indizien uns zeigen, so bleibt dennoch das Gesamtwerk eine flüssige und fast langweillose Lektüre, und das auch wenn ich manchmal den „fast forward“-Knopf gesucht habe um nicht lese zu müssen was offensichtlich war.

Für mich ist dies sicher nicht der Thriller des Jahres, und wenn ich auch nicht direkt demjenigen, der ihn lesen möchte, davon abrate, so kann ich aber demjenigen, der mich nach einem guten Thriller fragt, nicht zu dessen Lektüre raten,

 

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