Sebastian Fitzek – Der Augensammler

Originaltitel: Der Augensammler

Meine Bewertung: 9/10

 

Ich kann eigentlich nur Eins sagen: WOW.

Ok, ich weiß, das ist jetzt ein bisschen kurz. Da gibt es natürlich viel mehr, aber das beschreibt einfach am besten den vollkommen niederschmetternden Effekt, den dieser Roman auf den Leser hat.

Das ist bis hierhin wohl der beste Fitzek. Aber sicher auch der brutalste.

Der Plot:

Ein Serienmörder macht Berlin unsicher. Seine Morde sind von noch nie dagewesener Natur, seine Grausamkeit erschüttert die Berliner: Der Täter bricht in die Häuser ein wenn die Familienväter abwesend sind, tötet die Mutter und entführt dann das Kind. Daraufhin lässt er dem zuständigen Polizisten und/oder dem Vater 45 Stunden Zeit, dieses zu finden – denn nach Ablauf dieser Frist, dieses Ultimatums, ermordet er das Kind auf grauenvollste Weise. Um sein Werk zu vollenden schneidet er dann das linke Auge aus den Kinderleichen heraus. Dies ist auch der Grund, warum die Medien ihn „den Augensammler“ genannt haben.

Die zentrale Romanfigur ist Alexander Zorbach, ein ehemaliger Polizist welcher den Dienst nach einem schrecklichen Ereignis quittiert hat und nun als Journalist in Kriminalfällen recherchiert und arbeitet. Er ist es auch, der den Fall des Augensammlers verfolgt.

Als er eine Nachricht auf der Polizeifrequenz abfängt, gelangt er so zu einem neuen Tatort: Eine weitere Familienmutter wurde ermordet und ihr Sohn Tobias, neun Jahre alt, ist spurlos verschwunden. Der Polizei bleiben nun 45 Stunden um ihn wiederzufinden…  

Für Alexander ist dieser Fall etwas anderes als die drei vorherigen; ohne dass er dies wollte, findet er sich in die Untersuchungen verwickelt und wird bei jedem Schritt etwas tiefer in das grausame Spiel des Augensammlers hineingezogen.

Schon bald weisen die Indizien der Polizei in seine Richtung und lenken so den Verdacht auf den Journalisten, welcher nun auch noch der Polizei selbst entgehen muss. Als er gerade hofft, sich endlich verstecken zu können bis die Wogen sich glätten nimmt eine blinde Frau mit ihm Kontakt auf. Sie behauptet dazu fähig zu sein, durch Berührung die Vergangenheit einiger Personen zu sehen, und dass sie am Abend zuvor den Augensammler selbst massiert habe.

Alexander Zorbach nimmt nun also die Recherchen erneut auf und wird immer fester in diesen Fall verstrickt, viel tiefer noch als er es erwartet hatte und es sich in seinen schlimmsten Alpträumen vorstellen konnte.

 

Ein beängstigender Roman der einen schlaflos lässt!

Dieser Roman ist voller Gewalt und Grausamkeit, soviel hat Ihnen wohl schon die kurze Zusammenfassung verraten. Sebastian Fitzek verlässt hier ein wenig den Pfad seines Lieblingsgenre, denn dieser Roman ist weniger auf das Gehirn und die Denkweise, die Psychiatrie oder ähnliches ausgerichtet. Doch im Gegensatz zu einigen anderen Versuchen in diese Richtung (wie z.B. „Das Kind“) ist es dieses Mal ein voller Erfolg!!

Ein psychologischer Thriller, dunkel, obskur und erschreckend!

Wenn Sie erst einmal mit der Lektüre beginnen, dann wird es Ihnen unmöglich sein das „Spiel“ einfach zu verlassen … ein wenig so, wie es auch Alexander Zorbach geht…

Jedes Mal, wenn ein Kapitel zu Ende geht schlägt unser Herz heftiger, man MUSS einfach weiterlesen, und nur selten habe ich die Seiten eines Buches so aufgeregt und schnell, mit fast feuchten Fingern, gewendet.

Ich muss Sie allerdings warnen! Dieser Roman ist wirklich voller Grausamkeit und voller Angst.

Er hat vor allem einen nicht zu verleugnenden „Saw“-Touch.

Ein Hauch Esoterik erinnert uns auch daran, dass der Autor gerne mal die Phantastik streift, ohne dies jedoch zuzugeben. Nur so eine kleine Prise des Unmöglichen … und schon halten wir einen selten intensiven Roman in der Hand.

Sehen Sie, ich bin absolut begeistert!

JA, ein absoluter Knaller (bitte verzeihen Sie mir diesen Ausdruck).

Außer wenn Ihnen viel an ihrem Schlaf liegt, natürlich… denn die Lektüre dieses Buches wird Sie bis zum nächsten Morgengrauen wachhalten, doch ich denke, Sie hätten so oder so nicht wirklich Lust gehabt zu schlafen, nachdem Sie einmal diesen Roman begonnen haben.

Welches sind die schwachen Punkte des « Augensammlers »?

Da sehe ich jetzt keine.

Welches sind die Qualitäten dieses Romans?

Da sehe ich wiederum viele!

Der Aufbau:

Der Aufbau des Romans ist selbst schon fast beunruhigend, da dieser einem Countdown gleicht. Die erste Seite ist die letzte, wir lesen dieses Buch also von hinten nach vorne, wir beginnen mit der Seite 439 um auf der Seite 1 zu enden, wir beginnen mit dem Epilog und dem „letzten Kapitel“ um bis zum ersten vorzudringen.

Die Andeutungen:

Wie üblich werden kleine Parallelen oder dezente Anspielungen auf andere Romane des Autors dem begeisterten Leser nicht entgehen (wie zum Beispiel die kleinen Hinweise, die sich auf den „Seelenbrecher“ beziehen, welcher sich in genau demselben Zeitraum in derselben Stadt aufhält, und in welchem wir ebenfalls Hinweise auf diesen Roman finden können. Eine Art „Crossover“ für Fitzek-Fans).

Die Romanfiguren:

Die Romanfiguren sind sehr überdacht, jede ist sehr glaubhaft, nur der Polizist Scholle ist vielleicht etwas zu karikaturenhaft, aber das fällt nur wenig ins Gewicht da es sich hier um eine sehr nebensächliche Figur handelt.

Die Zweifel, die Alexander befallen, haben mich insbesondere überzeugt (und am Ende versteht man erst warum er nun wirklich anders hätte handeln sollen).

Die Romanfigur, die mir am meisten gefallen hat ist allerdings die blinde Frau, Alina Gregoriev. Sie hat mit drei Jahren durch einen Unfall ihr Augenlicht verloren und hat daher nur wenige Erinnerungen an ihr Leben „davor“, und das erklärt warum die Bilder die sie aus der Vergangenheit mitbringt sehr eingeschränkt sind. Und so kommt es, dass alle Personen, die sie in ihren Träumen – oder Visionen – sieht, immer dieselben Gesichter haben, die einzigen, an die sie sich noch erinnern kann. Dies, und noch viele andere Details, vervollständigen ein perfektes Bild von der jungen Frau die wir uns so leicht vorstellen können und die wir in einer Welt beobachten, die wir nicht kennen.

Der Autor hat sich sehr mit dem Blick, der auf Blinde geworfen wird, beschäftigt, das merkt man. Er hat auch mehreren Blinden oder sehbehinderten Menschen die wichtigsten Kapitel seines Manuskripts vorgelegt damit diese es korrigieren konnten.

Das Ergebnis ist eine sehr glaubhaftes Bild von Menschen die von einer Sehbehinderung betroffen sind, es ist unglaublich gut recherchiert und fast schon instruktiv, zumindest aus der Sicht eines „Sehenden“ (der nun wirklich niemals wirklich verstehen wird was es bedeutet nichts zu sehen).

Die Beschreibung ihres „Zustandes“ ist teilweise so lebhaft dass man ihn regelrecht spürt, diesen schwarzen Schleier vor den Augen, dass man sich, wie Alina, dem Spiegel nähert um vielleicht doch hindurchblicken zu können. Selbst der Name ihres Hundes ist gut gewählt (das lasse ich Sie nun selbst entdecken, er hat mich zum Lächeln gebracht – und das war wohl das einzige Mal in dem ganzen Roman, der Rest sind nur Herzschlagen und feuchte Hände).

Zu Ihrer Information möchte ich noch hinzufügen, dass die Figur der Alina, zumindest was ihre erstaunlichen Wahrnehmungsfähigkeiten angeht, auf eine reale Person aufgebaut ist (ein junger Mann hat es geschafft Fahrrad zu fahren, Kinder auf dem Schulweg zu führen, und er hat sogar eine Geschwindigkeit von 105 km/h im alpinen Schnellskirennen erreicht!).

Aber ich komme vom Thema ab, bitte verzeihen Sie mir.

Zurück zum Roman.

Ich werde wohl so enden, wie ich begonnen habe, nämlich mit einem großen WOW.

Sie möchten wieder einmal richtig Gänsehaut kriegen? Sie möchten einen Roman lesen, der ihnen keine Sekunde Zeit lässt durchzuatmen? „Der Augensammler“ ist für Sie! Sie suchen einen wirkliche gruseligen Thriller? Sie haben ihn efunden.

Die Fans dieser Art von Buch müssen diesen Roman einfach gelesen haben.

 

Weiter Romane des Autors finden sind ebenfalls (jetzt oder schon bald) auf diesem Blog kommentiert, insbesondere auch den Nachfolgeroman des „Augensammlers“ – „Der Augenjäger“ (der allerdings bei weitem nicht so gut ist).

 

 

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