Der Horror-Roman

 

 

Sie können es sich schon denken: Ein Horror-Buch muss Angst machen.

Daher dreht sich die Handlung auch meistens um etwas, was uns in Angst und Schrecken versetzt, etwas, was wir befürchten, was uns abstößt, was uns einfach terrorisiert.

 

Diese Angst kann durch die allgemeine Stimmung des Romans hervorgerufen werden, durch Monster die in den bildlichen Schränken leben (Vampire, Dämonen oder ähnliches) oder auch ein verrücktgewordener Nachbar der uns mit seiner Kettensäge verfolgt.

Die Möglichkeiten sind unendlich. Zudem kann ein Horror-Buch mehr oder weniger blutig sein.

 

Es ist unrichtig, wenn manch einer behauptet, ein Horror-Buch sei zwangsweise ein phantastisches Buch, dass es sich im Enddefekt gar um ein Genre der Phantastik handle.

Das ist meiner Ansicht nach ganz einfach falsch, denn ein Horror-Buch braucht keinesfalls ein übernatürliches oder unnatürliches Element.

Nehmen Sie zum Beispiel den Roman „Misery“ von Stephen King. Es handelt sich hier zweifellos um einen Horror-Roman.

Und dennoch finden Sie in dem gesamten Roman keinen unerklärlichen Aspekt und kein unnatürliches oder gar übernatürliches Element: In diesem Buch hat der Romanheld einen Autounfall im Schnee und wird von einer ehemaligen Krankenschwester gefunden, welche ihn mit zu sich nach Hause bringt um ihn zu versorgen, ihm zu helfen, zumindest denkt sie dass sie dies tut. Doch sie hat ihren Verstand verloren und wird ihn schließlich dazu zwingen, einen Roman mit ihrer Lieblings Romanheldin zu verfassen.

Nicht auch nur halbwegs etwas Unnatürliches am Horizont!

Und ist es nicht gerade das, was uns besonders Angst machen kann? Dass eben der phantastische Anteil leicht oder sogar inexistent ist? Denn dann erst können wir wirklich zweifeln – könnte dies nicht geschehen?

 

Natürlich beinhalten die meisten Horror-Bücher phantastische Elemente und die großen „Klassiker“ bleiben „Monster“-Romane (Vampire, Zombies, genetische manipulierte Kreaturen, Aliens, Gespenster usw.). Es kann sich auch um einen Menschen handeln der sich eine seltsame Kraft entdeckt (z.B. dass er Feuer entfachen kann (wie in Feuerkind) oder dass er der Telekinese fähig ist (wie in Carrie) (ich möchte doch gerade mal erwähnen, dass ich natürlich nicht nur Stephen King gelesen habe, diese Bücher sind nur so ziemlich jedem bekannt und daher zitiere ich hier hauptsächlich seine Bücher als Beispiele).

 

Daher stellen sich nun mehrere Fragen:

 

Sind Urban Fantasy, Dark Fantasy oder Bit-Lit* denn auch Horror-Bücher?

 

Ich denke nein, nicht wirklich. Die Bit-Lit* hat sicher nicht zum Ziel Angst einzuflößen, hier sind die Vampire vielleicht gefährlich aber dann doch eher anziehend und sexy. Solch ein Buch lese ich nicht um mich abends unter der Bettdecke zu fürchten. Im Gegenteil, hier handelt es sich mehr um einen Roman voller Humor.

Ebenso ist es mit einem Urban Fantasy* Roman, auch wenn es hier mehr Gewalt und bösere Monster gibt. Doch selbst, wenn die UF-Romane sehr viel brutaler sind – und sich ganz klar dem „Horror“ nähern – so bleibt ihr Ziel immer noch ein anderes: Mit ihren oft sexy Monstern und ihren Parallelwelten möchte ein UF-Buch einen eher auf phantastische Art und Weise mitreißen, meistens anhand einer übernatürlichen Liebesgeschichte und viel Abenteuern. Grob gesagt. Was die UF angeht, würde ich Sie doch wirklich bitten, meinen Artikel darüber zu lesen bevor diese sehr vage Zusammenfassung vollkommen Ihre (hoffentlich positive) Meinung was meine Aussagen angeht vollkommen zerstört.

So, und was die Dark Fantasy angeht, ja, diese steht dem Horror doch sehr nahe.  Hier ist es mehr diese Dualität der parallelen Welten die diese beiden Genres auseinanderhält, so wie auch der gesamte „Farbton“ des Buches. Aber hier sind wir klar an der Grenze aum Horror-Buch angelangt (siehe eben auch mein Kommentar zur UF).

 

Was man sich also merken kann: Es ist nicht gleich jedes Buch, in dem viel Blut fließt, ein Horrorbuch.

 

Sie werden es auch schon gemerkt haben, wenn sie in den „Fantasy“ Büchern suchen, so werden Sie schnell viele Romane finden die an Horror denken lassen – aber auch hier ist meine Antwort dieselbe wie bei der UF und der Bit-Lit*: Ein Fantasy Roman hat nicht das gleiche Ziel (wie auch das Science Fiction Buch ein anders hat, wenn wir schon dabei sind). Diese sollen mehr „unterhalten“ als einen erschrecken.

 

Es ist nun allerdings tatsächlich so, dass manche Bücher Genre-übergreifend sind und zum Beispiel mit einer Zukunftswelt und Raumschiffen, Robotern usw. eine Welt anbieten, die voller Monster ist. Ein Beispiel für Kino-Fans wäre hier natürlich Alien, ein Film bei dem es schwer ist zu sagen, ob er nun eher ein Science Fiction oder ein Horror-Streifen ist.

 

Ja aber, dann sind ja auch Märchen betroffen??? Sind das etwa auch Horror-Geschichten?

 

Die Antwort ist in der Frage.

 

Ein Märchen der Brüder Grimm, welches dem Kindlein Angst machen soll in dem es eine böse Hexe in Szene setzt, die damit droht einen kleinen Jungen zu verzehren nachdem sie ihn im Ofen gebacken hat (Hänsel und Gretel), ist das kein Horror-Buch?

Und alle ähnlichen Märchen?

Meine Antwort ist: JA, das sind ganz klar Horror Geschichten.

 

Aber dadurch, dass sie heute zum Alltag gehören redet man lieber von „Märchen“.

Und dennoch sind dies ganz klar Horrorgeschichten. Seltsam, nicht war, dass wir unsere Kinder mit ins Bett bringen und ihnen den Gutenachtkuss geben nachdem wir ihnen eine Horrorgeschichte vorgelesen haben?! Und dabei gleichzeitig Stephen King und seine Kollegen verdammen, deren Bücher auf den Nachttischen unserer Kinder zu finden sind?

Und haben Sie schon einmal ein russisches Märchen gelesen? Mit der schrecklichen Hexe Baba-Yaga, die in ihrem Haus im Wald lebt, welches von den leeren Augenhöhlen der Schädel beleuchtet wird, die sie verschlungen hat und deren Diener die Hände, oder wohl eher die Knochen der Hände ihrer Opfer sind? Das ist einfach gruselig – und das ist es was ich als kleines Kind gelesen habe. Und geliebt habe.

 

Und was ist mit „Thrillern“?

 

Auch hier kann ich nur diese (wirklich nicht schlimme) Frömmelei feststellen (endlich kann ich das Wort „Frömmelei“ mal benutzen!!! Darauf warte ich schon ewig): Seit einigen Jahren bin ich immer wieder überrascht, in den Regalen unter dem Schild „Thriller“ Bücher wiederzufinden, die noch vor fünfzehn Jahren unter der Beschreibung „Horror“ zu kaufen waren (Shining zum Beispiel ist nun ein Thriller). Warum, ist das politisch korrekt???? Stört es den Leser weniger, einen Thriller zu kaufen als ein Horror-Buch? Ich erkläre mir das nicht wirklich.

 

Unter den französischen Autoren gibt es auch einige, die als Horrorautoren bezeichnet werden könnten, wie zum Beispiel Maxime Chattam mit seinen Romanen der „Trilogie über das Böse“ und deren Bücher „Das Pentagramm“, „In Blut geschrieben“ und der „Kuss der schwarzen Witwe“ welche sich nun wirklich auf dem Terrain eines Horrorbuches befinden. Und dennoch laufen diese Bücher unter dem Genre „Thriller“.

Tja, ganz klar, hier gibt es eine spannende Geschichte die sich zuspitzt (siehe auch meine Definition des Thriller), aber dennoch denke ich dass diese Romane ganz klar in einem eher einen Schrecken und Angst auslösen als einen spannenden Nervenkitzel. Teilweise sind diese Bücher regelrecht blutrünstig (die Romanheldin wird sich sogar einmal in einer Art Höhle befinden, die mit der Haut der Gesichter der Opfer tapeziert ist und von denen eines plötzlich beginnt zu schreien …).

Auch unter den deutschen Autoren kann man solche Autoren finden, deren Bücher genauso gut in den Horrorregalen stehen könnten. So würde ich zum Beispiel Sebastian Fitzeks Roman „Der Augensammler“, mit seiner sehr beängstigenden Seite und seinem unbestreitbaren „Saw“-Touch schon eher in den Horror einstufen (siehe mein Kommentar über dieses Buch und seine Folgeromane).

 

Um mit diesem Thema abzuschließen kann man schon sagen, dass der „König“ des modernen „Horror-Romans“ Stephen King ist, der aus der Angst eine regelrechte Kunst geschaffen hat und durch den dieses Genre ein breites Publikum erreicht und begeistert hat. Ich meine hiermit natürlich eigentlich nur seine ersten Werke (Shining, Feuerking, Carrie, Christine…) sowie die Romane, die er unter dem Pseudonym « Richard Bachmann » veröffentlicht hat (Simetierre, der Fluch …). Leider sind seine neueren Bücher bei weitem nicht mehr so beängstigend – es sind nun wohl wirklich eher „Thriller“ …

 

Weitere Horrorautoren wären zum Beispiel Graham Masterton, Dean Koontz, Peter Straub, John Saul und auch Bram Stoker (!).

 

Momentan hat dieses Literaturgenre wohl einen Teil seiner Leserschaft eingebüßt, auch um der unterhaltsameren Urban Fantasy Platz zu schaffen oder auch dadurch, dass ehemalige Horrortitel nun eben zu den „Thrillern“ oder der „Dark Fantasy“ gezählt werden.

Das ist etwas schade, aber ich denke irgendwann wird dieses Genre wieder neu aufleben.

 

 

* siehe meinen Artikel zur UF für diese Begriffe, insbesondere die in Deutschland unbekannte Bit-Lit