Pierre Bordage – L’Arcane sans nom

 

Originaltitel: L’Arcane sans nom

Meine Bewertung: 7/10

Sie kennen ja Action-Filme, nicht wahr? Hier nun also ein „Action-Buch“! Ein atemberaubender Roman, nicht so sehr aufgrund seiner Handlung sondern eher aufgrund der Lebensausschnitte des Romanhelden, Aktion eben. Auf dieser Ebene ist der Roman vollkommen gelungen, nur selten hat es ein Autor vollbracht mit solch einem Talent die Hetzjagden durch Straßen und Gassen, die Gedanken, die Situationen, nun, alles was Aktion ausmacht zu beschreiben (so, gut, ich habe gerade einen Rekord gebrochen obwohl ich dies umgehen wollte – aber hier ist sie, die grausame Wahrheit: in drei Linien habe ich nun VIER MAL das Wort Aktion/Action benutzt! Das muss man mir erst einmal nachmachen!).

Wenn ich also nicht wirklich von diesem (kurzen) Roman des Pierre Bordage überzeugt wurde, so kann ich nicht umhin ihm die Qualität seiner Erzählung anzuerkennen.

L’Arcane sans nom (ein noch nicht ins Deutsche übertragene Roman) gehört zu einer Textsammlung, die „Freitag der 13.“ (Vendredi 13) heißt und nur dreizehn Werke beinhaltet. Die Verbindung zu diesem GlÜcks- oder Unglückstag ist in diesem Roman jedoch nur sehr gering, denn es ist einfach nur das Datum der Geschehnisse, nichts mystisches.

 

Aber kommen wird doch zum Plot bevor ich weiter kommentiere:

Sahil ist ein illegaler Einwanderer, er hat in Paris Zuflucht gefunden nachdem er aus der afghanischen Armee desertiert ist. So findet er sich in einem leeren Haus wieder, das von einer Gruppe junger Satanisten besetzt wird die begeistert ein blutiges Spektakel für die Nacht des Freitag den 13. Vorbereiten, eine geheime Aufführung, die sich in dem Friedhof des Père Lachaise abspielen soll. Sahil, ein junger Moslem, landet an diesen gotischen Ufern von Paris und wird gegen seinen Willen von der hübschen Ten, einem der satanistischen Mädchen verführt.  

Dann nehmen ein paar Männer mit dem ehemaligen afghanischen Soldaten Kontakt auf und bieten ihm Geld und Papiere an wenn er den Auftrag annimmt, eine Frau zu töten. Der junge Einwanderer akzeptiert den Deal, doch als er sich zu dem Ort seines geplanten Verbrechens begibt erkennt er, dass ihm eine Falle gestellt wurde. Er flüchtet und begibt sich so immer tiefer in das Untergrundleben von Paris. Sein einziges Ziel ist es nun, nach England zu gelangen. Auf seiner wilden Flucht wird er von einem kleinen rumänischen Mädchen und Ten begleitet.

 

Das ist also die offensichtliche Geschichte.

Doch hinter diesem Plot verbirgt sich ein zweiter, der nur flüchtig an die Oberfläche gelangt und sich um die Vergangenheit Sahils aufbaut.

Wir lernen ihn so, durch seine Erinnerungen die immer wieder in ihm hochkommen, durch seine Visionen der Vergangenheit kennen und es ist sowohl für den Leser als auch für Sahil überraschend zu sehen, wie sehr die Pariser Situationen den schrecklichen Kriegsszenen die Sahil in Afghanistan miterleben musste bevor er desertiere ähneln, wie sehr sein neues Leben, das, von dem er träumte, Erinnerungen in ihm wecken. Nein, so hat er sich die Freiheit sicher nicht vorgestellt! Sahil begreift, was er verloren hat und nicht wiederfinden wird, was er akzeptieren muss und wer er ist.

Was in diesem Roman wirklich ergreifend ist, das ist eben die Figur des Sahil. Es sind nicht die Ängste und auch nicht die Hoffnungen die er aus seinem Land mitbringt, sondern tiefe Narben, Wunden die sich wohl niemals schließen werden. Wir sehen wie seine Überzeugungen in dem Untergrundleben von Paris auf die Probe gestellt werden, ie seine Gewissheiten erschüttert werden, wir entdecken den Mann der sich hinter dem Deserteur verbirgt.

Die anderen Romanfiguren, wie Ten oder die kleine Djidjo werden weniger hervorgehoben. Der Roman dreht sich offensichtlich um Sahil, dessen Charakter immer mehr vertieft wird. Das Bild, das wir zu Beginn des Buches von ihm hatten verändert sich und der Mann, den wir auf der letzten Seite hinter uns lassen hat nichts mehr mit dem gemein den wir uns vorgestellt hatten.

Der andere Aspekt von „l’Arcane sans nom“ den ich schon (vielfach) erwähnt habe, das ist die Aktion des Buches: Dieser Roman ist keinesfalls eine ruhige Darstellung, eine stille Introspektion. Natürlich gibt es hier eine Introspektion, doch diese kommt von den Reminiszenzen die durch die unterschiedlichen Lagen in die Sahil gerät hervorgerufen werden. In keinem Moment lesen wir hier einem Absatz einen inneren Gedankengang. Hier ist alles Aktion (und PAM, noch einmal das Wort „Aktion“), der junge Mann rennt, versteckt sich, rennt weiter, verletzt sich, versucht sich aufzufangen, stielt, versteckt sich.

Wenn dies nun nicht gerade ein Genre ist den ich gerne lese, so kann ich nicht umhin die Geschicklichkeit des Autoren zu bewundern. Ja, Pierre Bordage gehört zu jenen Schriftstellern die eine Begabung haben, die zu ausgezeichneten und niemals schwerfälligen Schilderungen fähig sind, und die auch nicht fünf Seiten brauchen um einen Raum zu beschreiben sondern dies mit fünf gut gewählten Worten tun. Es ist auch erwähnenswert festzustellen, dass der Romanheld auf der ersten Seite losrennt und auch auf der letzten Seite noch läuft! Ich war beinahe selbst außer Atem.

 

Wenn ich persönlich also diesen Roman ohne besonderen Enthusiasmus gelesen habe, so liegt das wohl an meiner subjektiven Auffassung wobei ich ganz klar die Geschicklichkeit des Autoren unterstreiche. Meine „Bewertung“ ist etwas zögerlich denn ich kann wirklich nicht weniger Punkte verteilen, aber eigentlich auch nicht mehr. Ich hätte diesen Roman beinahe gar nicht mit einer „Note“ bewertet.

Ich hoffe nur, dass dieser Beitrag ihnen auch nur ein kleines Bisschen bei der Entscheidung hilft, ob sie dieses Buch lesen oder nicht.

 

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