Vilhelm Moberg – Die Auswanderer (Teil 2)

Originaltitel: Utvandrarna

Meine Bewertung: Diese Saga bewerte ich INSGESAMT mit einer 10/10

Der französische Titel (“La traversée“, d.h. « die Überfahrt ») verrät uns schon worum es sich hier handelt: Dieser zweite Teil (des ersten Bandes) beschreibt die Überfahrt des Ozeans. Alle unsere Farmer, Männer, Frauen und Kinder, die zuvor niemals das Festland verlassen hatten, gehen nun an Bord der « Charlotta » um in einer sechswöchigen Reise dieses Hindernis zu überqueren. Doch durch ungünstige Gegenwinde braucht das Schiff sehr viel länger für diese Reise, was die Überfahrt für all diese Männer und Frauen vom Land noch härter macht.

Das Leben an Bord ist nicht einfach. Das Boot ist kleiner als die Auswanderer dachten und ebenfalls sehr viel voller als sie es erhofft hatten. Die Bedingungen für die Überfahrt sind also sehr schwierig.

Das Leben auf so beengtem Raum macht alle nervös, das Zwischendeck, in dem sich die Schlafkabinen befinden, ist erstickend, die Emigranten haben keinerlei Intimität. Dazu kommt noch der Dreck, die Krankheiten, die stickige Luft, die Seekrankheit, das Leben mit vollkommen fremden Menschen – all dies macht die Reise sehr hart und riskant.

Unterwegs, wahrscheinlich auch durch diese extremen Bedingungen, haben wir so die Gelegenheit den wirklichen Charakter der Reisenden zu erkennen, deren Nerven bis auf die letzte Faser geprüft werden. 

So erweist sich Karl Oskar als hartnäckig aber respektvoll, er gibt niemals auf und lässt sich nicht auf die Füsse treten. Dennoch erkennt er leicht die Verdienste der anderen an.

Kristina, immer noch genauso naiv und fromm, hat die grössten Schwierigkeiten Ulrika, die ehemalige Hure, zu ertragen. Die gezwungene Nähe bringt die beiden daher auch zu son manch einem Wortgefecht.

Kristinas Schwangerschaft hilft da nicht und sie erträgt die Reise von Tag zu Tag schlechter. Die Seekrankheit, der Skorbut, all dies prüft ihre letzten Kräfte – während dies alles Urlika nicht im geringsten zu stören scheint. Was Kristina, so ehrlich und fromm, noch mehr verärgert. Wie ist es möglich, dass diese Frau mit dem so lockeren Lebensstil so sehr von Gott begünstigt wird? Sie selbst ist so schwach dass sie es kaum schafft sich richtig um ihre Kinder zu kümmern, eine Situation die der jungen Frau, die ihre Heimat für immer verlassen hat, fremd ist und es noch schwerer zu ertragen macht. Sie beginnt, an der Entscheidung ihres Mannes zu zweifeln.

Seinerseits erträgt Robert die Überfahrt, indem er den anderen Reisenden zuhört und gemeinsam mit Arvid von der Zukunft träumt. Er findet in Elin, Ulrikas Tochter, eine Freundin und schlägt ihr vor gemeinsam Englisch aus einem Buch zu lernen. Dabei sprechen die beiden die Worte aus wie sie geschrieben stehen … Das Ergebnis ist selbstverständlich zum Scheitern verurteilt.

Es ist rührend, die beiden zu beobachten und man erkennt die feste Entschlossenheit Roberts, seinen Traum von Freiheit zu verwirklichen.

Danjel muss feststellen, dass der Glaube an Gott keinen Schutz bietet: Er, der dachte durch seine Gebete allen Krankheiten entgehen zu können leidet stark unter der Seekrankheit. Sein Glaube wird dadurch nicht schwächer, aber er erkennt, dass er zu stolz ist und stellt sein eigenes Verhalten in Frage. Er geht bescheidener aus dieser Erfahrung hervor, die ihn grundliegend ändern wird. Er gibt nun die Idee zu Predigen auf da er denkt nicht rein genug zu sein um die Seele anderer zu retten.

Seine Frau, Inge Lena, leidet extrem unter den Lebensbedingungen an Bord, wagt es aber nicht dies ihrem Mann zu gestehen, denn dieser könnte denken, sie habe ihren Glauben verloren.

Ulrika dagegen hat keine besonderen Schwierigkeiten und setzt sich mit ihrem starken Charakter durch. Sie lässt sich von niemandem mehr etwas sagen und verlangt den gleichen Respekt wie alle anderen Frauen.

Wir lernen hier auch mehr über ihre Vergangenheit und verstehen sie immer besser. Sie wurde zutiefst verletzt und hat aus ihrer Erfahrung ihre Stärke gemacht.

Das Schiff selbst wird von Kapitän Lorentz gefahren, einem Seelöwen dem es unbegreiflich ist, dass jemand auf dem Festland leben möchte und warum die Auswanderer ihre Höfe auf der einen Seite verlassen um auf der anderen erneut die Erde zu bearbeiten. Sein Vizekapitän, der allgemein „Der Finne“ genannt wird, ist geselliger und mischt sich gerne unter die Reisenden.

Einige Nebenfiguren sind amüsant, wie der Mann der von den anderen „der Amerikaner“ gerufen wird, und der viele Geschichten erzählt, wie nahe er dem Präsidenten steht – obwohl er Schweden niemals verlassen hat.

Auf der Reise lernt unsere Gruppe Fina-Kajsa kennen, die von ihrem Sohn Anders berichtet, der nach Amerika ausgewandert ist. Dieser hat sich erfolgreich in Minnesota niedergelassen und dort eine riesige Farm auf fruchtbarem Boden aufgebaut. Als er Fina-Kajsa zuhört, beschließt Karl Oskar sich ebenfalls in diesem fernen Gebiet anzusiedeln.

Dieser Teil der « Auswanderer » führt uns die schrecklichen Reisebedingungen vor Augen. Auf diesem Wasserweg werden mehrere Passagiere das Leben verlieren und der Kapitän ist so gezwungen ihnen ein Meeresbegräbnis zu organisieren – hierzu hat er eine Kiste voll Erde aus Schweden an Bord, die er dann auf die Körper der Verstorbenen wirft bevor er sie auf den Meeresgrund sinken lässt.

Eine andere Besonderheit der Farmer wird uns nun klar: Sie müssen einen weiteren, ganz neuen Feind und bis dahin unbekannten Gegner bekämpfen: Die Langeweile. Daran gewohnt von morgens bis abends zu arbeiten wissen die Bauern nicht, wie sie untätig bleiben können.

Dieser zweite Teil der Saga ist auch sehr nett, aber ohne besondere Ereignisse oder Überraschungen. Wir folgen eben unserer schwedischen Gruppe und sind genauso ungeduldig wie sie, endlich in Nordamerika zu landen, in New-York, um genau zu sein.

Hier wird unsere kleine Truppe die Neue Welt entdecken, die von nun an ihre Heimat sein soll. Und hier beginnt auch die wirkliche Geschichte der Auswanderer.

 

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