Iny Lorentz – Die Widerspenstige

Originaltitel: Die Widerspenstige

Meine Bewertung: 6,5/10

Wenn wir einen Iny Lorentz in der Hand halten wissen wir genau was wir lesen werden.

Jedes Mal schüchtert uns zunächst die beeindruckende Seitenzahl etwas ein bevor wir uns daran erinnern, dass der Schreibstil so locker und leicht ist, dass die Kapitel nur so vorbeifliegen, wie ein Film den wir am Ende eines langen Arbeitstages gerne im Fernsehen verfolgen. Wir bereiten uns also darauf vor uns in einen historischen Roman zu vertiefen, in dem sich die Handlung um eine unabhängige junge Frau dreht, die in einer Zeit lebt in der das einzige Recht einer Frau es war, eine gute Ehefrau zu sein.

Die Widerspenstige bildet hier keine Ausnahme.

Die Autoren bieten uns hier einen Roman an, der all unsere Erwartungen erfüllt, sich dabei aber ausreichend von den anderen Romanen abhebt, dass der Leser sich nicht langweilt. Wie eine Fernsehserie, bei der wir die achte Staffel ebenso gerne sehen wie die erste.

 

Der Plot:

Johanna von Allersheim und ihr Zwillingsbruder Karl sind erst siebzehn Jahre alt als der Tod ihres Vaters und die Intrigen ihrer Stiefmutter und ihres Halbbruders sie dazu zwingen ihr Haus, ihre Stadt und sogar ihr Land zu verlassen!

Um sich das Erbe und alle Ländereien ihres verstorbenen Ehemannes zu sichern, fälscht Genoveva von Allersheim mit der Hilfe ihres Cousins das Testament des Toten, wobei sie die Zwillinge nicht nur um ihr Erbe bringt sondern sie zudem noch in die Flucht treibt, die der einzige Ausweg bleibt um einer Zwangsehe oder einem Leben in einem strengen Kloster zu entkommen.

Die einzige Chance für die beiden besteht darin nach Polen zu reisen, wo sie auf die Hilfe von Familienmitglieder seitens ihrer Mutter zu hoffen.

Um ihre Flucht zu erleichtern beschließt Johanna, sich als Junge zu verkleiden, doch durch ein paar unglückliche Zufälle ist es ihr nicht möglich ihre Maskerade rechtzeitig aufzugeben und so findet sie sich inmitten von Soldaten und Husaren wieder die gegen die Osmanen kämpfen um Wien zu verteidigen. 

Johanna muss wie ein Mann kämpfen um ihr Leben zu retten aber auch um das Geheimnis ihres wirklichen Geschlechts zu wahren. Die Rache ist nun zweitrangig, wo es für die Zwillinge um das nackte Überleben geht.

 

Was ist neu?

Auch hier treffen wir auf dieselbe Grundidee wieder: Eine unabhängige und intelligente Heldin muss sich ihren Weg in einer Männerwelt in der die Frauen verachtet werden erkämpfen um einem mächtigen und schlechten Gegner, der die Überhand gewonnen hat, zu begegnen.

Hier besteht der Hauptunterschied in der Tatsache, dass die Gefahr nicht von der Stiefmutter kommt, denn diese lebt zu weit entfernt und glaubt den Sieg gesichert zu haben, sondern von dem Abenteuer in das Johanna und ihr Bruder zusammen mit ihrem Cousin gezogen werden, die Kämpfe gegen die Osmanen.

Die Heldin ist wie gewöhnlich sehr mutig und furchtbar starrsinnig, dabei aber clever. Ihr Bruder, den man zunächst als zu weich, zu naiv und seiner Schwester untertan abtut, erlebt eine tiefgründige aber realistische Entwicklung. Man stellt schnell fest, dass er Johanna immer diskret zur Seite steht und sie mehr als einmal rettet. Seine ruhige Art bildet ein perfektes Gegengewicht zu der eigensinnigen Schwester.

Auch die etwas zu karikaturenhaften „Guten“ und „Bösen“ fehle in diesem Roman nicht und als Leser wissen wir sofort welcher Romanfigur wir Loyalität schulden.

Die Kulissen sind in „Die Widerspenstige“ etwas origineller, wie auch dass der ursprüngliche Verrat nicht ständig seinen Schatten über die Handlung wirft um Rachesucht zu schüren. Hier dreht sich die Geschichte um Johanna, doch die weiteren Romanfiguren nehmen einen ebenso großen Platz ein und verleihen damit dem Gesamtwerk viele Nuancen.

Die Beschreibungen des Soldatenlebens und der Kämpfe sind recht lebendig und ich habe viel über die Husaren und den Sinn ihrer Flügel gelernt.

Das Glossar war mir hier eine Hilfe. Ich nutze selten die Glossen der Bücher doch hier war ich recht dankbar den genauen Sinn mancher Ausdrücke oder Titel zu erfahren. Ich wusste zum Beispiel nichts über einen „Slacic“ – einen „Schachtschlitz“ – und meine Fantasie ging von dem Tonfall des Wortes aus um sich eine falsche Vorstellung zu bilden.

Mit Die Widerspenstige kann der Leser sich auf eine schöne Geschichte freuen, die sich leicht liest und ihm mit Sicherheit das farbige Abenteuer um eine junge Heldin offeriert auf das er hofft.

Ein Iny Lorentz wie wir sie lieben.

 

 

 

 

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