Jussi Adler-Olsen – Schändung

Originaltitel: Fasandreæberne

Meine Bewertung: 8/10

Dieser zweite Fall des « Sonderdezernat Q » ist wirklich eine einzige Lesefreude.

Wieder führt uns Jussi Adler-Olsen in eine Akte ein, die geschickt eine Kriminalgeschichte mit einem Thriller mischt womit er fast einen eigenen Stil erschafft. Das ganze wird schön düster gehalten und  am Rande von einer kaum merklichen Gesellschaftsstudie begleitet um schliesslich mit  einer Prise schwarzem Humor aufgepeppt zu werden.

Denn ja, die Atmosphäre dieses Romans ist wirklich düster.

Der Pluspunkt dieser zweiten Akte des Sonderdezernat Q ist, dass sie eben ganz anders als die erste ist und uns so einen „neuen“ Roman bietet – wobei die allgemeine Farbe identisch bleibt und natürlich auch das atypische Duo Carl Mørck / Assad.

Der Plot:

Im Kellergeschoss des Kommisariats gerät dem Sonderdezernat Q, welches damit beauftragt ist nicht gelöste Fälle neu aufzurollen, durch Zufall an eine Akte die eigentlich nicht ihren Platz hier hat, was natürlich Assad und Mørck neugierig genug macht um die Akte aufzuschlagen – und wir wissen ja wie schwer es Carl Mørck fällt, die Untersuchungen neuer Fälle zu beginnen, denn wenn es nach ihm ginge so würde er den Tag mit den Füssen auf dem vollgepackten Schreibtisch verbringen ohne auch nur ein Papier anzusehen.

Es handelt sich bei dieser akte in Wirklichkeit um einen archivierten Fall ; der Schuldige sitzt seine Strafe ab, zu der er nach dem gewalttätigen Mord eines Bruders und dessen Schwester verurteilt wurde. Wie konnte also diese Akte auf Mørcks Schreibtisch landen, wenn sie denn gelöst war?  

Es stellt sich schnell heraus, dass der Mann der vor Gericht stand und für diesen Mord verurteilt wurde tatsächlich der Mörder dieser schrecklichen Gewalttaten ist, aber dass er mit Sicherheit nicht alleine gehandelt hat!! Er wer sicher der Komplize einer Gruppe von sechs jungen Leuten die gemeinsam ein Eliteinternat besuchten – und dies war sicher nicht deren erste Kriminaltat! Was bedeutet, dass die anderen fünf noch frei herumlaufen. Und noch schlimmer, vier davon gehörn zu den Reichen und Vornhemen von Dänemark, besetzen einflussreiche Posten und haben einen beneidenswerten Status! Ein einziges Mitglied der kleinen Gruppe ist verschwunden – Kimmie, das einzige Mädchen, lebt auf der Straße und plant unentwegt die Rache die sie an ihren alten Freunden und Komplizen ausüben möchte.

Wir verfolgen in diesem Roman auf der einen Seite Carl Mørck und Assad, die jetzt auf die Hilfe von Rose, einer sehr charakterstarken Sekretärin zurückgreifen können, und auf der anderen Seite die Gruppe der Gegenspieler, der Komplizen.

Und von Beginn an weiß der Leser, dass der Mord an diesen zwei jungen Leuten nicht die einzige Straftat dieser Sechsergruppe war, und bei weitem nicht! Diese Gruppe hatte sich ein Spiel daraus gemacht, sich an Menschen gewalttätig zu vergreifen, einfach nur weil sie dies tun konnten, und diese unterschwellige Gewalt hat keinen von ihnen je verlassen, bis zum heutigen Tag nicht. Der Wert, den sie dem Leben anderer zuschreiben, ist für sie inexistent.

Während ihrer Ermittlungen stoßen die Mitglieder des Sonderdezernat Q nicht nur an die Grenze der zeit, die alle Spuren der begangenen Straftaten unweigerlich gelöscht hat, sondern auch an die, welche durch die Solidarität der früheren Schulkameraden entstanden ist.

Ein beunruhigender Roman, der einen daran erinnert, dass hinter einer raffinierten, kultivierten und vornehmen Erscheinung ein hinterhältiger und teuflischer Geist stehen kann …

 

Ein düsterer Roman

Schändung ist ein Roman voller Gewalt.

Das kann man nicht verneinen. Denn dies ist das Kredo der sechs Internatsfreunde, die sich damals trafen um gewaltreiche Filme zu schauen, die versuchten die Figuren aus Uhrwerk Orange nachzuahmen. Das Vermögen ihrer Familien hat es ihnen ermöglicht, sich Jahrzehnte hinter einer sauberen Fassade zu verbergen, sich eine Mauer aus Beziehungen und Geld zu erbauen.

Und dennoch reicht es, wenn ein Stein brüchig wird und wackelt – Kimme ist es, Kimmie, die dabei zuvor im Zentrum der Gruppe war, aber die nun durch ein schreckliches Ereignis zerstört wurde und sich nur noch eines wünscht: sich an den anderen zu rächen.

Die Frage ist: Werden Carl Mørck und sein Assistent Kimmie vor den anderen finden? Werden sie genügend Beweise zusammentragen können um Mitglieder des Klans der Reichen und Schönen belangen zu können, die von der Aura der Mächtigen geschützt werden?

In „Schändung“ rätselt man nicht einen einzigen Moment, wer nun die Schuldigen sind, denn man kennt sie ja. Man versucht also nicht, den Fall zu lösen – und dennoch verfolgt der Leser die Untersuchungen die, so wollen wir hoffen, zur Verhaftung der Schuldigen führen wird. Es handelt sich also um einen seltsamen Krimi … der sich schnell in einen Thriller verwandelt, da die Konfrontation zwischen den Mitgliedern der Gruppe unabwendbar zu sein scheint.

Diese Mischung aus persönlichen Lebensläufen die mehr oder weniger gesunde Geister um den Verstand bringen und den schrecklichen Taten verleihen diesem skandinavischen Roman eine eiskalte Farbe.

Das „Plus“ dieses Buches ist mit Sicherheit das Team Carl Mørck – Assad, welches nun durch eine Sekretärin die keiner wollte gestärkt wird.

Assad hat seine ganz eigene Art und Weise zu sprechen, zu handeln, immer an der scharfen Grenze des Zulässigen und Carl Mørck, mit seiner trockenen und nüchternen Art, weiß immer noch nicht ob er eigentlich diese ganzen Fälle bearbeiten möchte. Was er möchte, ist endlich Frieden finden, nach all seinen erschütternden Erfahrungen.

Die beiden bilden ein faszinierendes Duo, ihre Charakter ergänzen sich wundervoll, ein höchst effizientes Duo, nicht nur durch ihre kombinierte Intelligenz und ihren Scharfsinn sondern vor allem ihre Intuition.

Im Vergleich zu „Erbarmen“, der ersten Untersuchung des Duos, ist der Unterschied unübersehbar: Hier ist die Dringlichkeit ganz anders. In „Erbarmen“ kämpften die beiden Männer ohne es zu wissen gegen die Zeit um eine Frau zu retten, die tot geglaubt wurde aber in Gefangenschaft gehalten wurde. Hier handelt es sich darum, ein neues oder altes Opfer zu retten. Es geht darum, die Schuldigen zu überführen bevor Kimmie sie nicht erreicht oder auch bevor die andern es schaffen, Kimmie zu beseitigen und mit ihr den letzten ebenden Zeugen aus der Welt zu schaffen.

Diese beiden Fälle sind sehr unterschiedlich. Aber zwei gemeinsame Punkte kann man dennoch hervorheben: beide Bücher beginnen mit einem nicht abgeschlossenen Fall, und damit wie ein Kriminalroman, um danach in einen Thriller zu mutieren.

Vor allem aber ist es die sehr eigene Einstellung der beiden Ermittler, die außerhalb der Üblichen Regeln handeln und diese dennoch respektieren, die sich in vergessene Fälle verbeißen die alle archiviert glaubten. Die beiden arbeiten außerhalb der Zeit, außerhalb der Wege, mit einer ganz anderen Einstellung und einem frostigen Humor der einem mit den Zähne knirschen lässt.

Aus ihrem Keller heraus liefert uns das Sonderdezernat Q packende Fälle, und ich werde die nächste Ermittlung sicher nicht verpassen!

 

WEITERE ERMITTLLUNGEN DES SONDERDEZERNAT Q:

  • „Erbarmen“
  • „Schändung“
  • „Erlösung“
  • „Verachtung“
  • „Erwartung“
  • „Verheißung“

 

 

 

 

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